Bundesweiter „Schichtwechsel“: einen Tag die Perspektive wechseln

Eine Frau und ein Mann sitzen nebeneinander auf einem Schreibtisch

Wenn jemand, der ohne Gehör ist einen Hörenden beim Buchbinden anleitet, ist wieder „Schichtwechsel“: Menschen mit und ohne Behinderung tauschen an diesem Tag den Arbeitsplatz. Im September war es in bundesweit rund 80 Werkstätten für Menschen mit Behinderung zum fünften Mal so weit. Perspektive wechselten dabei alle – und gewannen überraschende, berührende und zum Neudenken anregende Eindrücke.

Christian Weindler hat seinen Arbeitsplatz von Carina Schneider übernommen: Er ist gelernter Elektriker – sie Industriekauffrau und, mitten im Studium, durch einen Verkehrsunfall seit drei Jahren halbseitig gelähmt. Christian Weindler arbeitet einen Tag lang in der Handbuchbinderei der Stiftung Pfennigparade und staunt dabei nicht schlecht: „Dass man zusammen arbeiten kann, obwohl einer nichts hört, das hätte ich nicht erwartet.“ Sein „Betreuer“, Klaus Jacobi, hört die Maschine, an der beide gemeinsam arbeiten, nicht. Er spürt, ob das Einbinden des Buchrückens fehlerfrei ist.

Ein Mann und eine Frau sitzen nebeneinander an einem Arbeitsplatz

Keine Angst haben, sich rauszutrauen!

Zurück auf den „ersten Arbeitsmarkt“ will Carina Schneider. Nach ihrem Unfall vor drei Jahren arbeitet die 26-Jährige inzwischen in einer Werkstatt der Stiftung Pfennigparade und „schnuppert“ im Rahmen des Aktionstages einen Tag lang im E-Werk in Haimhausen in Oberbayern: „Dass die Behinderten keine Angst haben, sich rauszutrauen“ wünscht sie sich. Und kann in den verschiedenen Abteilungen des E-Werks ihre Fähigkeiten testen.

Aufholbedarf auf beiden Seiten

Inklusion kann sich für klassische Betriebe lohnen: „Bis zu 75 Prozent der Lohnkosten können Betriebe durch das Bundesprogramm „Budget für Arbeit“ zurückbekommen“, so Jan Gerspach vom VdK Bayern. In Deutschland gibt es rund 700 Werkstätten für Menschen mit Behinderung. „Aber gerade mal etwas mehr als 80 nahmen dieses Jahr am Schichtwechsel teil“ – Jochen Walter,  Vorstand der Stiftung Pfennigparade, sieht Aufholbedarf auch bei den Werkstätten. Dabei ist die Erfahrung so wichtig: „Häufig stellen die Teilnehmenden fest, dass die Welten gar nicht so unterschiedlich sind, wie man vielleicht anfangs annimmt“, so Jana Niehaus vom BAGWfbM, die den Schichtwechsel koordiniert.

So klappt’s mit einem Schichtwechsel

Es braucht eine durchdachte Anleitung und, dass der Austausch gut vorbereitet ist, vor Ort betreut und auch gut nachbereitet wird. Wenn das gegeben ist, sind die Menschen ohne Behinderung nach so einem Austauschtag überrascht: sicherlich oftmals einfach auch deswegen, weil sie nicht damit gerechnet haben, dass man eben gar nicht so unterschiedlich ist und dass jede*r von jede*m lernen kann.

Ein Mann gießt Pflanzen mit einer Gießkanne
Eine Frau steht zwischen zwei Männern, die an ihrem Arbeitsplatz sitzen

„Wir haben bei unseren Hausmeisterdiensten einige Arbeiten zu vergeben, die uns entlasten würden“, so Margit Blessing von der Unterschleißheimer Schule, die am Schichtwechsel teilnahm. Und Siggi Griffy betrachtet seinen Tag als Hausmeister-Vertreter an der Schule aus seiner Perspektive: „Ich möchte etwas neues Kennenlernen und ein Tag ist erst einmal genau das Richtige.“

Neben dem Hausmeisterdienst nahm auch noch die Bücherei in Unterschleißheim am Schichtwechsel mit der Pfennigparade teil.

Haben Sie Interesse daran, beim Schichtwechsel dabei zu sein?
Kontaktieren Sie uns einfach, wir beraten und unterstützen Sie gerne bei der Vorbereitung.

Fabian Url
Corporate Development
+49 (0)89 8393 8006
Fabian.Url@Pfennigparade.de

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