Im Test.Labor Barrierefreiheit prüfen Menschen mit Behinderungen digitale Produkte und Dienstleistungen

Drei Personen, 2 Frauen und ein Mann, eine Frau davon im Elektrorollstuhl, sehen in einen Computer

Erstes Usability-Labor von und für Menschen mit Handicap in Deutschland / Teil der Werkstatt für behinderte Menschen der Pfennigparade / Bayerische Staatsministerin für Digitales und Schirmherrin Judith Gerlach zu Gast in der Pfennigparade

Pressemitteilung:

München, Juni 2022. Am Dienstag, dem 12. Juli 2022, öffnet das Test.Labor Barrierefreiheit als Teil der Werkstatt der Pfennigparade. Hier testen erstmals Menschen mit schwerwiegenden Behinderungen im Rahmen von Usability-Tests digitale Produkte wie Apps, Touch-Displays oder Websites sowie Dienstleistungen auf Barrierefreiheit. Ziel ist es, Unternehmen, Gemeinden und Behörden dabei zu unterstützen, Barrierefreiheit bereits in der Produktentwicklung mitzudenken. Das Testlabor trifft damit den Zahn der Zeit, denn aufgrund des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes müssen Online-Banking, Geld- und Ticketautomaten, E-Commerce und vieles mehr bis 2025 barrierefrei sein. An der Eröffnung nehmen die Bayerische Staatsministerin und Schirmherrin Judith Gerlach sowie zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft teil.

Im Test.Labor Barrierefreiheit der Pfennigparade prüfen ab 12. Juli zunächst acht Mitarbeitende mit teils schweren Behinderungen die digitale Zugänglichkeit unterschiedlichster Produkte und Dienstleistungen. Das Angebot soll Entwickler in Unternehmen, Gemeinden und Behörden unterstützen, von Beginn an barrierefreie Produkte zu entwerfen. Im neuen Test.Labor der Pfennigparade können sie live erleben, wie Menschen mit Einschränkungen arbeiten und Technologien nutzen. Die Entwickler können beispielsweise erfahren, wie E-Rollstuhlfahrer, die mit dem Mund den Joystick führen, digitale Produkte nutzen oder sie können die Erfahrungen blinder Menschen teilen, die mit Screenreader und einer Braille-Zeile arbeiten. „Entwickler möchten Produkte erstellen, die allen Menschen Vorteile bringen“, sagt Susanne Baumer, Leiterin des Test.Labors Barrierefreiheit der Pfennigparade. „Nur wissen sie oft nicht, welche Anforderungen durch Einschränkungen entstehen. Deswegen bieten wir im Test.Labor den direkten Austausch mit den Usern mit Einschränkungen an.“ Auch das Test-Team selbst profitiert: Die Behinderungen und der Umgang damit werden zur zentralen Kompetenz.

Neue Technologien helfen das Leben einfacher zu machen, doch oft nicht für alle Menschen

Ein Kopierer beispielsweise lässt sich mit einer App leichter steuern als über das winzige Display am Gerät. Ein Erklärvideo ersetzt die meist seitenlange Bedienungsanleitung. Verlangt jedoch die App eine Drei-Finger-Bedienung können Menschen mit Bewegungseinschränkung sie nicht bedienen. Auch können Menschen, die nicht hören oder nicht sehen, einem Erklärvideo nur teilweise folgen.

Geldautomaten sind für viele Menschen die primäre Quelle für Bargeld. Damit auch Menschen mit Einschränkungen selbständig Geld abheben können, müssen die am Bildschirm dargestellten Informationen über einen Kopfhöreranschluss abrufbar sein und das Touch-Display auch im Rollstuhl sitzend erreicht werden.

Zwei Männer, einer davon im Elektrorollstuhl, arbeiten an einem Computer und einem Tablet

EU-Richtline und gesetzliche Bestimmungen fordern digitale Barrierefreiheit

Die digitale Barrierefreiheit nimmt durch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, der deutschen Umsetzung des European Accessibility Acts, zwischenzeitlich Fahrt auf. Anbieter von Online-Banking, Geld- und Ticketautomaten sowie E-Commerce müssen bis 2025 barrierefreie Systeme vorlegen. PCs und Software sollen künftig für Menschen mit Behinderungen selbstständig nutzbar sein. Die Produkte müssen sämtlich den vier Prinzipien der Barrierefreiheit genügen, d.h. sie müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein (Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)). Um dieser Forderung nachzukommen, braucht es neben dem Wissen um technische Normen auch Usability Tests.

Die Angebote des Test Labors Barrierefreiheit sind vielfältig:

  • Live-Tests mit direkter Interaktion zwischen Entwicklern und Testern (vor Ort oder Remote)
  • Usability Tests von Produkten durch Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen
  • Usability Tester mit Einschränkungen, die die Probanden-Auswahl für externe Tests erweitern
  • Test und Zertifizierung von Websites auf digitale Barrierefreiheit (BIK BITV)
  • Geschäftsstellen- und Gebäude-Checks, um die praktische Zugänglichkeit zentraler Bereiche zu testen
  • Workshops zur Entwicklung von universell nutzbaren Produkten für Entwickler
Zwei Personen; Frau tippt auf dem Ipad. Daneben sitzt ein Mann mit kurzen Armen mit drei unterschiedlichen Computermäusen

„Mit dem Test.Labor Barrierefreiheit bieten wir Unternehmen die Chance, sich für die Zukunft aufzustellen,“ erklärt Dr. Jochen Walter, Vorstand der Stiftung Pfennigparade. „Zugleich gehen wir einen weiteren notwenigen Schritt in Richtung berufliche Teilhabe von Menschen mit schweren Behinderungen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt noch nicht arbeiten können. Sie finden hier einen geschützten und unterstützen, modernen Arbeitsplatz.“

Das Konzept richtet sich an Unternehmen und Organisationen, die als Kunden bewusst die Pfennigparade in ihrer Vision unterstützen, Menschen mit Körperbehinderung auf ihrem Weg vom Leistungsempfänger zum Leistungserbringer zu stärken. Das Test.Labor Barrierefreiheit wurde mit freundlicher Förderung der CANCOM SE, UniCredit Bank AG, BayWa AG und des Gewinn Sparvereins der Sparda-Bank München e.V. entwickelt.

Veranstaltungshinweise:

Feierliche Eröffnung Test.Labor Barrierefreiheit

Termin: Dienstag, 12. Juli 2022, 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr
Adresse: Stiftung Pfennigparade, Barlachstraße 26, 80804 München
Ansprechpartnerin vor Ort: Wolfgang J. Schreiter, Mobilnummer 0151 19558437
An der Eröffnung nimmt die Bayerische Staatsministerin für Digitales und Schirmherrin Judith Gerlach sowie zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft teil.
Außerdem dabei: Tester und Testerinnen des Test.Labors Barrierefreiheit, Freunde und Unterstützer sowie Soziale Partner.

Über die Pfennigparade

Seit die Pfennigparade vor 70 Jahren als Bürgerbewegung zur Bekämpfung der Polioepidemie gegründet wurde, begleitet sie Menschen mit Körperbehinderung und anderen Beeinträchtigungen. Mittlerweile in allen Lebensphasen der Lebenswelten Bildung, Arbeit, Wohnen, Gesundheit und Freizeit. Ihre maßgeblichen Ziele sind Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Sie unterstützt Menschen mit Behinderung dabei selbstbestimmt größtmögliche Lebensqualität zu erreichen. Mehr Infos unter www.pfennigparade.de

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